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Toleranz am Arsch

1. September 2018 Tagebuch
Toleranz am Arsch

Lesedauer, 386 Sekunden

In manchen Bundesländern sind noch Schulferien. Er herrscht Urlaubsstimmung und alles läuft ein wenig langsamer und entspannter.
Hart für die Medien. Wenig bis Nix zu berichten.
Manchmal kommt ein Tsunami, Amoklauf in Texas oder mutierte Killer-Zecken zu Hilfe. Falls nicht, müssen die Journalisten etwas tiefer Graben. Und schwupps, mit viel Fantasie und noch mehr Polemik ist die neue Schlagzeile fertig.
„Keine Kinder auf Rügen erwünscht“, „Restaurantbesitzer – Kinderhasser“ und ähnliche neutral gestaltete Überschriften rissen die von der Hitze geschwächten Leute aus ihrer Lethargie.

In den letzten Tagen wurde auf Rügen ein Gastronomie/Hotelbetrieb zur Schlachtbank zitiert. Sein Zettel am Fenster „Keine Kinder ab 17h“ löste eine Welle hysterischer Schreie, Kampfansagen und cholerischer Entrüstungen aus.
Ich lasse mal all’ die rhetorischen Fragen wie: war das ein diplomatisch, durchdachter Schachzug?, hätte er seine neue Hausregel nicht ein wenig geschickter formulieren können?, verfüttert er Kinder an die Hunde, welche als Gäste herzlich willkommen sind?
im Raum stehen.

Mein Problem sieht so aus: in meiner Naivität wagte ich mich, in Anwesenheit einiger Bekannten, folgenden Satz auszusprechen „Finde ich gut, ich würde dort essen gehen“.
Damit hatte ich die Büchse der Pandora geöffnet. Ach was sag ich!? Keine Büchse, es war eine Melchisedek (z. Zt. größte Einheit einer Champagnerflasche, 30 Liter).
Kaum hatte ich diese neun, fatalen Worte geäußert, brach die Apokalypse aus. Der wütende Mob stemmte seine Arme in die Hüften, sah aus, als wollte er mich zum nächsten Galgen schleifen und dann holte er tiiieeeeeef Luft.

„Ich wusste gar nicht, dass du etwas gegen Kinder hast“
„Wie kannst du nur!?!“
„Denen sollte man die Bude abfackeln“.
Dann kamen ihre Gesichter meinem unangenehm nahe und mit Ausdauer wurde nachgehakt.

„Hast du keine Kinder?“
„Warum hast du keine Kinder?“
„Liegt es an dir? Kann dein Mann nicht?“
„Ist es ein finanzielles Problem?“
„Ihr könnt doch adoptieren wie diese Angelina und Greg Bit.“

Hier hätte ich am liebsten gesagt, „Nee, der heißt Greg Krombacher“.

Stattdessen machte ich den zweiten Fehler innerhalb von fünf Minuten (ich lern halt nicht so schnell) und versuchte mich grottenschlecht zu verteidigen.
„Es könnte doch gemütlicher und entspannter sein, wenn man sich beim Essen in Ruhe unterhalten kann. Ich persönlich finde es anstrengend, wenn du hinter dir, neben dir, ständig Wortfetzen wie „…sitz still – iß auf – nein, das ist Fleisch – nein, das ist Gluten – kreisch – brüll – heul…“ hörst.
Und die Prügel, Belehrungen und Unverständnis nahm erneut seinen Lauf.

Ich zog mich wie ein getretener Hund zurück.

Apropos Hund.
(Letzten Sonntag 08:36)
Vor mir geht eine Dame inklusive Hund auf dem Fahrradweg . An der Leine baumelt demonstrativ der „Kotbeutel Spender“.
Was passiert? Bello kackt. Direkt vor Frauchens Gucci Flip Flops. Frauchen glotzt runter und macht einen großen Schritt über das Häufchen. Ich überhole die Irre und frage total höflich, ob sie sich bitte um die Entsorgung des (ich zeige mit dem Finger drauf) kümmern könnte.

Die glotzt mich an, dann meinen Hund, der ebenfalls fassungslos neben mir steht, und sie legt los. „Auf keinen Fall. Gerade sie müssten doch dafür Verständnis haben. Sie haben doch auch einen Hund. Wofür bezahle ich denn Hundesteuer. Sie sind kein echter Hundefreund. Sie dürften gar keinen Hund haben!“ dann war sie weg.
Also war ich im Handumdrehen zu einem Hundehasser und Tierquäler geworden. Einem Lynchmord sehr nahe.
Ich! Falls die Situation eintreten sollte, meinem Ehemann oder Hund eine Niere zu opfern, würde ich verräterisch lange überlegen müssen.
Leider haben einige  Hunde-Fans null Toleranz und fallen aus allen Wolken, wenn andere genervt „Scheißköter“ murmeln, weil sie zum hundertsten Mal in einen Haufen gelatscht sind. Soweit muss es doch nicht kommen.

Ein total anderer Fall:
(Dezember 2017)
Weihnachtsfeier in der Schule meiner Nichten. Jeder wurde aufgefordert Süßigkeiten, Plätzchen etc. mitzubringen. Außer Gummibärchen, weil Kinder muslimischen Glaubens keine Gelatine essen dürfen (zwei Kinder von 23).
Fand ich ungerecht und einfach blöd, habe mal wieder die Klappe nicht halten können („…können doch von den anderen Sachen essen…“) und wurde darauf hin als Nazi beschimpft, weil ich kein Verständnis für andere Kulturen habe.
Da war ich sogar richtig nahe an einem Lynchmord.

Na ja, immer wenn ich in den Spiegel gucke, kann ich bei mir wenig arische Züge erkennen. Weder äußerlich noch innerlich. Hier der Beweis https://chaos-life.de/mein-haus-meine-followers-und-ich/

Toleranz, Nächstenliebe und Verständnis sind nur möglich, ohne eigene Meinung, alles kommentarlos hinzunehmen oder die zu Klappe halten. Oder Nicken und Heucheln, das geht immer.

 

Hiermit schließe ich mich der Weisheit von DonFußius an:

Toleranz funktioniert nur in beide Richtungen

Bei der nächsten Flaute und Einfallslosigkeit in den Pressebüros könnten die Herrschaften vielleicht mal über etwas wirklich Wichtiges schreiben.

Merkel hat ein neues Sakko. Perfektes Klon wie ihre anderen 89 Stück“ oder

Wird beim nächsten Herbststurm meinem Dalmatiner ein weiterer Punkt flöten gehen?“ oder

Antiquiertes Grundgesetz wird geändert – Kinderschänder aus Staufen werden nie mehr das Tageslicht erblicken“.