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Weihnachten war gestern

27. September 2018 Tagebuch
Weihnachten war gestern

Lesedauer, 7 Dominosteine

 

Bald ist es wieder soweit und überall rennen die moppeligen Irren in roten Mänteln und mit Jutesack über der Schulter durch die Straßen und müssen sich von klebrigen Kinderhändchen begrabschen lassen.
Als Zugabe werden großzügig Grippeviren und resistente Keime in die weißen Bärte genießt.
Falls ihr der Meinung seid “Weihnachten, noch Zeit”, dann schaut euch mal die hektischen Frauen und Feiertagsfanatiker an, die schon jetzt einen beschleunigten Bluthochdruck haben. Macht am besten einen großen Bogen um diese cholerische Meute. Vor allem, wenn Warnzeichen wie eine pulsierende, angeschwollene Ader an der Schläfe oder nur noch das Weiße in den Augen zu sichten ist.


Der Shoppingkanal läuft Tag und Nacht. Sollte es auch nur einer wagen in die Nähe der Fernbedienung zu kommen… keine gute Idee.
Geschenkpapier, Karten und Lichterketten werden nonstop bestellt. Dann wird der Postbote zur Schnecke gemacht, weil er nicht binnen 24 Stunden, sondern erst nach 24 Stunden und drei Minuten auf der Matte steht.
Die heiß ersehnten Pakete werden bestialisch aufgerissen, der Inhalt inspiziert und behütet wie Gollum seinen Ring.
Den Kindern wird Stift und Papier in die Hand gedrückt und sie werden genötigt einen Brief bzw. Wunschliste an den Weihnachtsmann zu schreiben. Hausaufgaben? Gebrochener Arm? Unwichtig.

Der Ehemann wird dreimal in der Wochen in den Wald gejagt, damit er schon mal den perfekten Baum, der natürlich niemals ihren Vorstellungen entspricht, aussuchen und reservieren kann. Ist das gewünschte Objekt gesichtet worden, weicht er nicht mehr von der Seite. Er darf nicht.
Mit Flinte, Stacheldrahtzaun und Megafon, werden Mensch und Tier in die Flucht geschlagen.
Die Nahrungsaufnahme besteht nur noch aus Suppe aus der Thermoskanne.
Hygiene? Ein Dixiklo.
Schlafen? Auf der Isomatte im Einmannzelt.

Nun wird der Metzger aufgemischt.
Die Bestellung wird dem Meister mit der exakten Grammzahl, Optik und Fettgehalt eingeprügelt. Am liebsten würde sie die Gans (die arme Sau) persönlich mästen und stündlich wiegen.
Montags, Mittwochs und Freitags schleicht der Weihnachtsalptraum um den Karpfenteich.
Die armen Fische träumen davon die Koffer zu packen und auswandern zu können.
Einige haben dem Druck nicht mehr standgehalten und sind selbstmörderisch an Land gehüpft.

Freunden und Nachbarn werden subtil bis aggressiv auf den Zahn gefühlt, welche Pläne sie dieses Jahr in puncto Außendekoration haben. Dann wird gerechnet, ausgemessen und weiter eingekauft. Die Beleuchtung muss so viel Volt haben und blendend grell sein, dass man erst nach einer Stunde wieder sehen kann. Singende und lachende Plastikrentiere haben die verdammte Pflicht zu beeindrucken.

Mittlerweile hat Mami drei Kilo abgenommen. Aber das Licht am Ende des Tunnels ist erkennbar. Nur noch zehn Wochen.
Toys R Us, rollt jedes Mal den roten Teppich aus, wenn sich die konsumfreudige Furie dem Spielzeugparadies nähert.
In der Küchen werden Gasherd, vier Bräter und das Tranchierbesteck sterilisiert, poliert und in Stellung gebracht, als würde eine Herz OP anstehen.
Jede Zeitschrift, das bedeutet wöchentlich mindestens vier Stück, werden sich unter den Nagel gerissen. Dreimal von vorne und rückwärts gelesen, Knicke in die Seiten gefaltet oder einfach rausgerissen. Natürlich nur die interessanten Artikel  mit neuen, hippen Tipps für die Dekoration.
Also alle.

Jetzt muss der Neffe herhalten. Die Weihnachtsbeschallung fehlt noch.
Natürlich hat der pubertierende Teenager voll Bock seine kostbare Freizeit für die durchgedrehte Tante zu opfern.
Aber nachdem er einen Blick auf die glühenden Augen und den Schaum in ihre Mundwinkeln geworfen hat, nickt er nur kurz und macht sich an die Arbeit.
Er ackert die ganze Nacht durch und befüllt einen USB Stick mit der Speicherkapazität von einem Terabyte mit den nervigsten Weihnachtshymnen.
Bing Crosby, verfolgt von Wham und durch den Kinderchor abgerundet.
Zwischendurch wurden für Patrick, Torben und Klein- Ida die verschwitzen Nikolausstiefel befüllt und samt Adventskalender mit einer Nagelpistole an die Wand geschossen.

Bei vielen löst der Weihnachtsstress nur Kopfschütteln und Gänsehaut aus.
Aber: Planung darf nicht unterschätzt werden.
Millionen von tranigen Schlaftabletten und Last-Minute-Einkäufern gibt es jedes Jahr.
Die wachen dann am 24.12. ganz verdattert um 13h auf und wundern sich, dass Weihnachten schon wieder da ist. So plötzlich und überraschend.
Dann werden die Geschäfte panisch abgegrast, aber nichts gefunden.

Ein Glück, dass es Tankstellen gibt.
Da ist die große Frage, ob man lieber bei der Perfektionistin zu Gänsebraten eingeladen werden, oder die Weihnachtstage über einem Mikrowellen Hot Dog mit sich selber verbringen möchte.